Kommentar des bvdm zu einigen drupa-Absagen

Auf ein Wort

Südamerikanische Besucher am drupa-Stand des bvdm.(Bild: bvdm)

In diesen Tagen mehren sich die Absagen wichtiger Aussteller für die drupa 2021. So mancher wird sagen, das habe er vorausgesehen und von Anfang an gesagt. So naseweis das ist, so unklug ist es auch, die Weltleitmesse drupa in ihrer Bedeutung für den Druckstandort Deutschland zu verkennen.

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Ganz klar: Das Stattfinden einer – zudem auch noch in der Teilnehmerzahl erfolgreichen – drupa im April 2021 in Düsseldorf hängt nicht vom Hygienekonzept der Messegesellschaft ab. Die Messe Düsseldorf ist ein hochprofessioneller Veranstalter, der gerade eben mit dem Caravan Salon und über 100.000 Besuchern gezeigt hat, dass er sichere und verantwortliche Großevents erfolgreich ausrichten kann. Auch das inhaltliche Konzept mit der Möglichkeit, vielen Trends und Zukunftsthemen Raum und Beachtung zu geben, ist beeindruckend. Doch jeder auch noch so gute Ausrichter einer Weltmesse ist abhängig vom Zuspruch der Aussteller und der Reisebereitschaft aller Akteure. Wir wissen, wie reserviert gerade große Konzerne mit diesem Thema umgehen. Auch kann niemand vorhersagen, wie die pandemische Lage sich im Frühjahr nächsten Jahres darstellen wird. Der Erfolg der drupa 2021 hängt also von exogenen Faktoren ab, auf die niemand Einfluss nehmen kann.

Dr. Paul Albert Deimel (bvdm).

Es ist unglücklich und oft auch nicht redlich, wenn Stornierungen mit Argumenten der Nachhaltigkeit begründet und die Möglichkeiten virtueller Kommunikation sowie eigene Showrooms am Unternehmensstandort als bessere Alternative bezeichnet werden. Das ist oftmals nur ein Pfeifen im Walde und täuscht über die eigenen unternehmensinternen Problemlagen hinweg. Denn dem Argument, die Kunden lieber an die eigenen Standorte zu holen, steht in Pandemiezeiten ebenfalls eine begrenzte Reisebereitschaft gegenüber. Auch verkennt das Streben nach einer digitalisierten Welt, dass der Verkauf auch in Zukunft relevante physische Plattformen benötigt, die Kundenerlebnisse und kollegialen Austausch zulassen.

Es ist im deutschen Interesse, wenn diese Plattformen hier und nicht in China sind. Dort ist das Messegeschäft längst wieder angelaufen. Die deutschen Marktführer des Druckmaschinenbaus haben ihre führenden Plätze nicht nur, aber auch nicht zuletzt so lange behauptet, weil die drupa der „Meltingpot“ der Ideen, der Innovationen und der Weiterentwicklungen für unsere Branche war und ist. Davon hat stets die gesamte Wertschöpfungskette der Druckindustrie dieses Landes profitiert, die durch schnellen Zugang zu Prozess-, Produktions- und Qualitätsverbesserungen ihre Wettbewerbsfähigkeit unter Beweis stellt und beispielsweise Normungs- und Standardisierungsprozesse weltweit prägt.

Die Druck- und Medienunternehmen brauchen die Anregungen des Marktplatzes drupa, die Auseinandersetzung mit Zukunftsthemen und den kollegialen Diskurs darüber. In Zeiten des Strukturwandels ist es allein und ohne Feedback kaum möglich, den richtigen Weg zu finden. Auch darin liegt der Vorzug einer Messe wie der drupa. Schon deshalb wird sie auch in Zukunft benötigt.

Last but not least: Die drupa ist eine Chance zum notwendigen „back to business“, auf das eine wettbewerbsbasierte Wirtschaft angewiesen ist. Dafür müssen natürlich auch Konsequenzen aus den Erfahrungen der letzten Monate sowie aus der zunehmenden Digitalisierung der Welt und der Druckbranche gezogen werden. Ich bin sicher, dass Druckindustrie, Zulieferer und Messe das tun. Denn die Druckindustrie setzt weltweit zwischen 700 und 800 Mrd. Euro im Jahr um. Den unschätzbaren Vorteil, die weltweit führende Branchen-Messe in Europa, ja sogar im eigenen Land zu haben, sollte jeder Aussteller und jeder Besucher – im eigenen Interesse – nicht aus dem Blick verlieren.

Dr. Paul Albert Deimel, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Druck und Medien e.V. (bvdm)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Es ist schon sehr vermessen, die kritische Auseinandersetzung mit dem Kosten/Nutzenverhältnis einer solchen sehr teueren Grossveranstaltung mit “unternehmensinternen Problemlagen” zu begründen. Und dass die DRUPA eine Voraussetzung für “back to business” sein soll ist auch eine gewagte These. Mal von den Gesundheitsrisiken, wenn die ganze Welt an einem Ort zusammengebracht wird, ganz abgesehen. ich habe mehrmals an der DRUPA teilgenommen, und weiss wie´s da zugeht auf der Messe, im ÖPNV usw. Mehr Superspreader-Potential geht kaum.

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  2. Lieber Herr Deimel,
    Sie haben vollkommen Recht, wenn Sie die Bedeutung der DRUPA für die Druckindustrie und besonders die deutsche betonen. Insofern wäre es wichtig, dass die Messe Düsseldorf mit den Ausstellern, insbesondere denen, die abgesagt haben, über ein Alternative zu dem aktuell geplanten Termin spricht. Ich fände eine DRUPA im Juni 2022 – also zwei Jahre nach dem ursprünglichen Termin für alle Beteiligten einen gangbaren Weg. Die Pandemielage müsste bis dahin im Griff sein, die Aussteller hätten genug Zeit, sich auf diesen Termin einzurichten und es bestünde die Möglichkeit für einen fulminanten Neustart der Branche und der DRUPA.

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  3. Es fragt sich schon, wie wichtig die Drupa 2021 ist. Ich habe die Drupa in den letzten 30 Jahren als Messen mit Internationalen Kontakten kennen und schätzen gelernt. Aber wer bitte kommt aus Asien, wenn 14 Tage nach der Drupa die China Print stattfindet? Hier sollte wirklich über eine Verlegung ins Jahr 2022 nachgedacht werden, damit die Drupa auch Ihren Stellenwert eventuell behalten kann.

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    1. Absolut richtig! Ob die Messe in Asien stattfindet, ist auch noch nicht sicher, aber sicherer als eine (auf ein Zehntel geschrumpfte) DRUPA.

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  4. Warum nicht einfach mal die Realitäten akzeptieren.
    1. Die Druckindustrie steckt in ihrer tiefsten Krise, es werden mit absoluter Sicherheit unzählige Insolvenzen kommen und kommen müssen.
    2. Der Bedarf an Druckprodukten sinkt rapide durch die immer stärker zunehmende Digitalisierung, dies auch in Folge der Coronakrise.
    3. Messen sind ein teurer Anachronismus, ohne wirklichen Nutzen. Zurecht nutzen Aussteller und Firmen die Chance den Messetourismus endgültig zu beenden. Als Düsseldorfer kann ich gut beurteilen, was abends in der Altstadt tatsächlich passiert. Druck ablassen in seiner besonderen Form.
    4. Die Messeabschlüsse sind doch nur Show, alles vorher schon erledigt.
    5. Die Experten der Druckindustrie sollten sich mit Einschätzungen zu einer Beendigung der Pandemie zurückhalten. Alles nur Kaffeesatzlesen, es sind schon genug vermeintliche Experten unterwegs.

    In diesem Sinne wäre es sinnvoller sich damit zu beschäftigen, wie die Druckindustrie mit dem massiven Kapazitätsabbau umgehen will und muss.

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    1. Absolut wahr und richtig, was Sie da schreiben. Das darf ein Druck-Verbandsvorsitzender natürlich nicht sagen. Auch wenn er´s vermutlich weiss. Möglicherweise wurde er ja auch leicht angestossen für diesen DRUPA Werbetext, oder fühlt sich verbandsmoralisch verpflichtet, wer weiss.

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  5. Sehr geehrter Herr Deimel.
    Sie haben treffend geschrieben – “Der Erfolg der Drupa 2021 hängt also von exogenen Faktoren ab, auf die niemand Einfluss nehmen kann.”
    Doch kann man! Wenn man sich alleine den Terminkalender angeschaut hätte … Im Mai 2021 findet die China Print statt. Wer glaubt denn, dass aus Asien viele Besucher zur Drupa kommen werden, wenn 2 Wochen später eine Messe in Asien ist! Ich möchte auch nicht wissen, wie die Kosten für Aussteller sind, fast synchron 2 wichtige und große Messen zu besetzen. So traurig das auch ist, aber Deutschland spielt im internationalen Geschäft keine Vorreiterrolle mehr. In Hinblick auf diese Konstellation geht der Punkt nach China – und das hätte man sehen können!
    Die Caravan-Messe ist auch nicht mit einer “Welt-Leitmesse” wie der Drupa vergleichbar!
    Zur Caravan kommen definitiv nicht aus aller Welt Kunden! Der logistische Aufwand ist für Aussteller und auch Kunden ist bei weitem geringer.
    Sicher sind das Treffen und der Austausch wichtig. Jeder freut sich darauf, allerdings zu welchem Preis? (Ich meine nicht nur Hotel und Logistik)
    Wenn ich heute investieren möchte, informiere ich mich vorab und spreche Lieferanten gezielt an. Da ist ein individueller Demotermin beim Lieferanten vor Ort effektiver – was ja auch eine physische Plattform ist! (das Thema Nachhaltigkeit lassen wir mal lieber weg – da ich bezweifle, dass ein nicht auf eine Messe gehen etwas mit Nachhaltigkeit zu tun hat) Auf der Drupa habe ich gar nicht die Zeit, um intensiv beraten zu werden.
    Natürlich muss es in deutschem Interesse sein, hier die Plattform der Leitmesse zu haben und nicht in China – auch wegen der Innovation und den weiteren Lieferanten in der Wertschöpfungskette. Nun äußert aber einer der Marktführer aus Deutschland, das er in China die modernste und effektivste Maschinenfabrik stehen hat …. Nun ja … jeder kann den Gedanken für sich weiter verfolgen.
    In Asien spielt die Musik nicht nur in unserem mittlerweile extrem kleinen Print-Markt.
    Auch für Daimler zB ist der chinesische Markt der wichtigste Markt – nicht der Einheimische!

    Und ein „Back to Business“ wird es erst dann geben, wenn wir alle wissen wie es weiter geht! Und das Back wird ein anderes Business werden als wir es am 12. März noch gehabt haben.

    Just my two pence.

    Sicher ist das Treffen und der Austausch wichtig. Jeder freut sich darauf, allerdings zu welchem Preis?
    In Asien spielt die Musik nicht nur in unserem mittlerweile extrem kleinen Print-Markt.
    Auch für Daimler zB ist der chinesische Markt der wichtigste Markt.

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  6. Die drupa 2021 “Planung” war von Anfang an in der Agonie geboren.

    Zwei Wochen vor der China-Print?! Wie sollen denn die Aussteller das logistisch und finanziell stemmen?!

    Was da wohl in den Köpfen der Entscheidungsträger in Düsseldorf vorgegangen ist?!

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  7. Es wurden eigentlich schone alle Argumente hier mehrmals erwähnt. Die zeitliche Kollision mit der Fachmesse in China, die hohe Wahrscheinlichkeit dass zu dem geplanten Termin nächstes Jahr es noch kein wirkungsvolles Medikament / Impfstoff gegen Corona gibt und daher bezweifelt werden sollte ob eine so große Messe “sicher” ist und die, aus meiner Sicht völlig falsche, Begründung diesen Wirtschaftszweig mit der Messe wieder back to business zu bringen. Ich bin auch der Meinung dass die Drupa in keinem Fall mit einer Reise / Caravanmesse vergleichbar ist. Der Aufwand für die Aussteller dort ist schätzungsweise viel geringer als für einen Hersteller von z.B Druckmaschinen oder Sammelhefter, Klebebinder etc… Hier werden teilweise ganze Druck und Verarbeitungstrassen aufgebaut um sie dem Messepublikum zu zeigen was einen immensen Zeit und Kostenaufwand bedeutet. Von den Destination der Hersteller wollen wir gar nicht reden. Deswegen schließe ich mich der Meinung an und sage: Verschiebt die Drupa auf 2022 und überdenkt das Messekonzept in einigen Bereichen. Und außerdem sind doch wirklich die meisten Abschlüsse auf der Drupa in Vorhinein geplant und eingetütet. Die wenigsten gehen dort hin und sagen: ” oh ich möchte mir eine neue 5 Farben mit Lackwerk zulegen, dann gucken wir mal was Anbieter A,B;C oder D hat?! Dieser Prozess ist doch schon Wochen wenn nicht sogar Monate vorher eingeleitet worden mit Besuchen vor Ort, evt. Betriebsführungen etc..

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