Seit mehreren Jahren werden immer wieder neue Schäden an Walzen von Bogendruckmaschinen aufgrund von Metallteilchen reklamiert. Hier ist unser Sachverständiger mit der Ursachen- und Schadenumfangermittlung beauftragt. Wie sieht es hier aus? In diesem Beitrag wird der aktuelle Stand der Untersuchungen dargelegt.
Teilweise werden die Schäden von Versicherern reguliert, häufig streiten sich die geschädigten Druckereien mit den Versicherern gerichtlich und auch außergerichtlich. In einem aktuellen Fall behauptet ein Farbhersteller, dass die augenscheinlichen Schäden an Farbwalzen durch diese selbst verursacht wurden. Es wird also das „Opfer“ zum „Täter“ gemacht.
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Schadensbilder
Abbildung 1: Metallsplitter, scharfkantig und zusammenhängend in der Beschichtung der Farbübertragswalze.
Ein typisches Schadensbild an der Beschichtung einer Farbübertragwalze ist in Abbildung 1 dargestellt. Zu erkennen ist ein zusammenhängender, scharfkantiger Metallsplitter mit einer maximalen Ausdehnung von circa 0,18 mm. Dieser Metallpartikel wird vom Farbkasten des jeweiligen Farbwerkes über die Farbwalzen innerhalb der Druckfarbe transportiert. Er setzt sich sodann in den Bezug einer Farbübertragwalze fest und verursacht durch seine Scharfkantigkeit einen Einschnitt im Walzenbezug.
Abbildung 2: Risse in der Beschichtung der Farbübertragswalze, verursacht durch Metallteilchen.
Über das ständige Walken des Gummis wird der Metallpartikel wieder aus dem Bezug gelöst und wandert weiter mit der Druckfarbe. Es ist jetzt ein offener Riss im Walzenbezug vorhanden. Abhängig davon, ob der Walzenbezug ein gewöhnlicher Nitril-Butadien-Kautschuk ist oder ein mit Fluorkautschuk beschichteter Nitril-Butadien-Kautschuk, kommt es bei letzterer Beschichtung zu ausgeprägter Rissbildung, ausgehend vom Einschnitt des Metallpartikels. Es entstehen weitere Risse, in denen auch noch einzelne, kleinere Metallpartikel vorhanden sind (siehe Abbildung 2). Der Walzenbezug mit der Fluorkautschuk-Beschichtung ist jetzt unbrauchbar, da die circa 0,02 mm dicke Schicht aus Fluorkautschuk beschädigt wurde.
Alternative Walzenbezüge
An die mit Fluorkautschuk beschichteten Farbwalzen werden hohe druckproduktionstechnische Anforderungen gestellt, wie:
eine sehr geringe Oberflächenspannung mit dem Resultat einer geringen Feuchtwasserführung,
schnelles und einfaches Reinigen der Oberflächen,
eine wasserarme Farb-Feuchtwasser-Emulsion,
alkoholfreier Offsetdruck.
Befinden sich nun Rissnetzwerke in der Funktionsschicht dieser Walzenbezüge, dann sind diese Eigenschaften weitgehend nicht mehr vorhanden, mit dem Ergebnis eines gestörten Offsetdruckprozesses. Die Erfahrung zeigt, dass die Risse erst ab einer Teilchengröße der Metallpartikel von oberhalb 0,05 mm erzeugt werden. Unterhalb dieser Größenordnung handelt es sich um gewöhnlichen Metallabrieb in den Druckfarben, der herstellungsbedingt vorhanden und tolerierbar ist.
Gewöhnliche Farbwalzen ohne Beschichtung aus Fluorkautschuk, also ausschließlich aus Nitril-Butadien-Kautschuk, kaschieren die mechanischen Einschnitte (Risse) durch die Metallteilchen in den Druckfarben, indem sie, zumindest teilweise, die vorhandenen Risse wieder zusammendrücken. Außerdem fallen im täglichen Druckprozess diese Risse sehr viel weniger auf, da diese Walzen nicht die Vorteile der mit Fluorkautschuk beschichteten Elastomerwalzen aufweisen.
Herkunft der Metallteilchen
Umfangreiche Untersuchungen und Laboranalysen haben ergeben, dass die in den Druckfarben vorhandenen Metallteilchen aus den Kugeln der Kugelmühlen einzelner Farbhersteller kommen. In diesen Kugelmühlen werden die Farben feindispergiert, indem die Druckfarben in den Spalt zwischen Rotor und Stator der Kugelmühle gepresst werden. Die Kugeln werden dort mit hoher Energie gegen die Wandung des Stators der Kugelmühle „geschleudert“. Dies erfolgt im Laufe der Lebensdauer einer Kugel kontinuierlich, um es bildlich zusagen, „Schlag um Schlag“. Beim Aufprallen der Kugeln auf Stator, Rotor und Deckel kommt es zu Druck- und Scherspannungen im oberflächennahen Bereich der Kugeln.
Irgendwann lösen sich dann einzelne Splitter der Kugeln (Tausende solcher Kugeln sind vorhanden) aufgrund von Dauerermüdungsbrüchen und bleiben als Splitter in der Farbe. Bis diese Metallsplitter mit der dispergierten Druckfarbe die Kugelmühle verlassen, schlagen sie immer wieder in die Wandung des Stators, des Rotors und des Deckels der Kugelmühle. Die Splitter des Kugelmaterials kommen somit noch in der Kugelmühle mit drei anderen Eisenmaterialien in „schlagkräftige“ Verbindung und werden mit Teilen dieser Materialien kontaminiert.
Die energiedispersive Röntgenspektroskopie (EDX) zeigt an den analysierten Metallsplittern aus den Walzenbeschichtungen und aus der Druckfarbe selbst somit auch die Metallelemente Mangan, Chrom, Vanadium, Molybdän in Mengenverteilungen, die außerhalb der Spezifikation des reinen Kugelmaterials liegen.
Vorhersehbares Schadensereignis
Ein namhafter Maschinenversicherer hat nach Regulierung eines solchen Schadens an mehreren Bogendruckmaschinen an die betroffene Druckerei geschrieben, „… müssen wir darauf hinweisen, dass zukünftig Schäden durch Partikel größer als 0,05 mm in der Druckfarbe vorhersehbar sind und daher nicht als versichert gelten …“. Dieses Statement bedeutet zweierlei, nämlich die Vorhersehbarkeit (und damit keine Versicherbarkeit) und die Grenze in der Größenordnung der Metallpartikel von 0,05 mm.
Zusammenfassung
Wenn auch von den Farbherstellern immer wieder argumentiert wird, dass mit den Kugelmühlen seit vielen Jahren unverändert produziert wird, ist festzuhalten, dass ganz offensichtlich ein Austausch der Metallkugeln zu selten stattfindet, mit dem Ergebnis von Dauerermüdungsbrüchen am oberflächennahen Bereich der Kugeln. Metallsplitter größer als 0,05 mm gelangen zu Tausenden in die Druckfarbe und beschädigen die Beschichtungen der Farbwalzen. Gewöhnlicher Metallabrieb, kleiner als 0,05 mm, ist unschädlich. Abhilfemaßnahmen wären ein häufigerer Kugelwechsel oder der Einsatz von CFK-Kugeln (CFK = carbonfaserverstärkter Kunststoff).