Technische Entwicklung von Meyle+Müller, Medialesson und Porsche

Mixed-Reality-Apps unterstützen Design-Prozess bei Porsche

Mediendesign: Ankerpunktloses »Model Tracking« mit der Microsoft HoloLens. Die AR-Brille findet das Fahrzeug im freien Raum und identifiziert es anhand optischer Merkmale auf Basis von CAD-Daten.
Ankerpunktloses »Model Tracking« mit der Microsoft HoloLens. Die AR-Brille findet das Fahrzeug im freien Raum und identifiziert es anhand optischer Merkmale auf Basis von CAD-Daten.(Bild: Medialesson GmbH / Meyle+Müller)


Die Modellierung von Design-Elementen an sogenannten »Clay-Modellen« (originalgetreue Abbildung von neuen Fahrzeugen aus Industrieplastilin im Maßstab 1:3) können mittels holografischer Elemente spürbar beschleunigt werden. Das haben die CGI-Experten von Meyle+Müller und 
Mixed-Reality-Entwickler der Medialesson GmbH in einer Technologiepartnerschaft mit dem Porsche-Design-Team bewiesen. Dafür gab’s Ende 2018 den Druck & Medien Award im Bereich »Innovation«.

 

Anzeige

 

Visualisierung von Design-Elementen per AR-Brille

Die Modellierung von Design-Veränderungen im Automobilsektor erfolgt bis heute normalerweise an so genannten »Clay-Modellen«. Derartige Modelle sind für den Designprozess unerlässlich, da nur diese eine möglichst originalgetreue Wiedergabe des zukünftigen Automo­bils ermöglichen und es einer größeren Personengruppe erlauben, gemeinsam am Modell über einzelne Gestaltungselemente zu diskutieren. Allerdings erfordert die Anfertigung eines solchen Modells viel Zeit (konturfräsen, teilweise kommt 3D-Druck zum Einsatz etc.) und Geld (oftmals ist ein Clay-Modell dreimal so teuer wie das spätere Fahrzeug selbst!). Und nachträgliche Änderungsvorschläge im Design führen zu kostspieligen Neuanfertigungen … Es stellte sich in dem Technologieprojekt also die Frage: Gibt es einen Weg, den iterativen Designprozess so zu vereinfachen/beschleunigen und dabei deutlich weniger Clay-Modelle zu benötigen, dass sich die Kreativen ohne ständigen »Kostendruck im Nacken« wieder mehr der eigentlichen Fahrzeuggestaltung widmen können?

Aus diesem Grund haben sich Mitarbeiter des Virtual-Design-Teams von Porsche zusammen mit den Design/Bild/Animations-Spezialisten von Meyle+Müller, mit denen man schon bei der CGI-Content-Kreation (Computer Generated Imagery) eng zusammenarbeitet, und der Firma Medialesson, spezialisiert auf Programmierung/Entwicklung im Bereich Human Machine Interface und Augmented Reality (AR), zu einer Technologiepartnerschaft zusammengefunden. Es ging darum, Mixed-Reality-Applikatio­nen zu entwickeln, die sich die Wirkungsweise der Microsoft HoloLens zunutze machen, um Designvarianten mittels holografischer Elemente an einem realen Clay-Modell zu visualisieren. Zu­sätzlich sollte dies aber auch (optional für bestimmte Gestaltungsbereiche) an einem komplett virtuell eingeblendeten, abgesofteten Modell des Fahrzeugs (einem sogenannten »Ghost«) möglich sein.

 

Auch eine Art von »Mediendesign«

Dem Autohersteller war es dabei besonders wichtig, dass sich verschiedene Personen im Raum frei um das Clay-Modell bewegen können – jede aber trotz unterschiedlicher Blickwinkel stets einen passgenauen Eindruck von realer Welt und den virtuellen Elementen hat. Ankerpunkte für das »Matching« der holografischen Einblendungen sollten hierfür explizit nicht notwendig sein! Vielmehr wurde ein so genanntes »Markerless Model Tracking« auf Basis der CAD-Automobildaten realisiert. Mittels Tiefenerkennung des bei jedem Auto einzigartigen 3D-Gittermodells ermittelt die Brille den Fahrzeugtyp und seine Maße und »matcht« die Realität, sprich das Clay-Modell, exakt und völlig ankerpunktlos mit den virtuellen Inhalten. Weitere holografische Objekte können nun per Sprach- oder Gestensteuerung exakt an diesem Modell appliziert werden. Folgende Möglichkeiten haben die Technologiepartner für die Designer geschaffen:

  • Sharing: Mehrere HoloLens-Brillenträger können gemeinschaftlich holografische Objekte an dem Fahrzeug anbringen und diese betrachten. Die neue HoloLens, die in Kürze auf den Markt kommen soll, wird sicherlich noch mehr er­möglichen. Vor allem in Sachen Bildqualität.
  • Fahrzeugspezifikationen: Erläuternde Zusatzinformationen für den Designer, die ihm beim Transfer in die reale Umgebung unterstützen, können eingeblendet werden.
  • 3D-Sprach-Notizen: Am Clay-Modell können mittels Sprach- oder Gestensteuerung der HoloLens Audio-Notizen angebracht werden (zur Kommentierung/Designabstimmung).
  • »Röntgenblick« (X-Ray Vision): Verborgene Objekte im Fahrzeug, zum Beispiel Motor, Antriebsstrang oder interne Energieströme (etwa bei Hybridfahrzeugen), können visualisiert werden, um Designvarianten auf ihre technische Machbarkeit in Bezug auf den Platzbedarf der nicht einsehbaren Komponenten hin zu überprüfen.
  • Designvarianten: Der unterschiedliche Verlauf von Zierkanten oder anderen Gestaltungselementen (Werbung/Personal Design) kann holografisch auf das Modell appliziert werden.
  • Felgen/Lichtsysteme: Besonders aufwändig ist die Anfertigung von Rad- oder Scheinwerfer-Prototypen zur Anbringung am Clay-Modell. Die holografische Visualisierung unterschiedlicher Radgrößen und Felgenvarianten ermöglicht nun enorme Zeit- und Kosteneinsparungen. Mit Mixed Reality ist es zudem möglich, holografisch in das Clay-Modell eingeblendete Schein­werfer nicht nur in Bezug auf ihre Form, sondern auch hinsichtlich ihrer Leuchtentwicklung im Betrieb und der Wirkung unterschied­licher Lichtgrafiken zu untersuchen.
  • Strömungs-Simulation: Änderungen am Außen-Design des Fahrzeugs können Auswirkungen auf Luftwiderstand und Fahreigenschaften nach sich ziehen. Mit einer holografischen Luftströmungs-Simulation können diese Auswirkungen am Modell unmittelbar kenntlich gemacht werden und somit die Diskussion vorantreiben. In Kombination mit dem »Röntgenblick« und verschiedenen Farben ließe sich die virtuelle Beobachtung auch »weiterspinnen«, beispielsweise in Richtung: Wo fließt Luft ins Fahrzeug, wo hinaus – und ist diese heiß oder kalt?

Ergänzend zu holografischen Objekten am Clay-Modell können Promotion-Video-Sequenzen auf beliebig vielen Displays frei im virtuellen Raum platziert und eingeblendet werden, die weitere Informationen liefern und/oder eine gewünschte emotionale Atmosphäre herstellen. [7733]

 

Alles Weitere über das Technologie-Projekt erfahren Sie im aktuellen Deutschen Drucker Nr. 3/2019 – ab sofort verfügbar:

PDF-Download: Deutscher Drucker 3/2019

KUNDEN & MÄRKTE: Der Printkatalog ist nach wie vor ein interessantes Marketingtool +++ SCHWERPUNKT: Druckverarbeitung/WorkflowVernetztes Falzen +++ Vernetztes Schneiden +++ Zeitungsproduktion +++ Automatisiertes Falzen +++ Digitale Druckveredelung

9,50 €
AGB

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.