Ulrich Vollmer, Geschäftsführer des Buchgroßhandels Libri GmbH, und Karsten Kaufmann, Leiter Print on Demand Services bei Libri, sprachen mit print.de über die Chancen von Print on Demand. (Bild: Libri)
print.de: Welche Ausstattungsvarianten können Sie im PoD anbieten? Kaufmann: Print-on-Demand ist immer ein Stück weit Standardisierung – wir können nicht alles tun, was ein klassischer Offsetdrucker kann. Aber wir haben eine sehr große Ausstattungsvielfalt: freie Formatwahl, verschiedene Papiere – jeweils in 80, 90, 120 Gramm, reinweiß, cremeweiß, matt, brillant. Insgesamt arbeiten wir mit etwa sieben Papiersorten.
Bei der Bindung sind wir sehr gut aufgestellt: klassische Paperbacks, Hardcover in Auflage eins mit Fadenheftung, Ringbücher, Booklets. Wir bieten verschiedene Laminate an – matt, glänzend, strukturgeprägt. Wir arbeiten mit Lesebändchen, Schutzumschlägen, farbigem Evalin darunter. Hinzu kommt auch noch die Herstellung von Kalendern. Das ist für PoD eine Angebotsbreite, mit der wir uns nicht verstecken müssen.
print.de: Und was geht noch nicht? Kaufmann: Digitaler Farbschnitt ist in Auflage eins noch schwierig – man braucht in der Regel zwei bis drei Exemplare, bis die Maschine eingestellt ist. Wir sourcen das aktuell für ausgewählte Titel aus, hauptsächlich für Bestseller-Potenzial im Selfpublishing-Bereich. Geprägte Umschläge machen wir nicht, Sonderfarben oder Spotlack auch nicht. Klappenbroschur schauen wir uns an – da ist immer die Frage, wie groß die Nachfrage ist und welche technischen Lösungen der Markt bietet.
Vollmer: Das Gute ist: Die Maschinenhersteller haben dieses Marktsegment für sich entdeckt. Wir sind regelmäßig mit Herstellern wie Müller Martini, Canon oder HP im Dialog für Forschung und Entwicklung. Mit der Diamant haben wir sehr früh eine Einhängemaschine für Book-of-One aufgebaut. Solche Innovationsschritte wollen wir weiter forcieren.
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print.de: Wie sieht Ihre Personalstruktur aus? Vollmer: Im Gesamtbetrieb mit Overhead und Technik – wir machen Wartung und Pflege der Maschinen zu großen Teilen inhouse – sind es etwa 110 Mitarbeitende im Zweischichtbetrieb. In der Spitzensaison kommt eine weitere Schicht mit bis zu 25 Mitarbeitenden hinzu. Kaufmann: Aktuell sind wir noch am Lernen. Als wir vor gut anderthalb Jahren die Produktion selbst übernommen haben, hatten wir eigentlich gar kein Druckerwissen im Haus. Aber unser Team hat eine beeindruckende Lernkurve hingelegt. Vielleicht war es sogar von Vorteil, nicht so viel altes Denken mitzubringen, sondern unbedarft ohne Offset-Vorkenntnisse an den Digitaldruck heranzugehen.
Vollmer: Der Druck ist eigentlich nur Mittel zum Zweck. Das Produkt, das wir verkaufen, ist ist unendliche Lieferbarkeit und dauerhafte Verfügbarkeit. Deshalb vergleichen wir uns auch nicht über den Druckpreis – wer unser Produkt nutzt, kauft Lieferfähigkeit und ein zum Offset gleichwertiges Produkt und damit das Versprechen, seine Leser nicht zu enttäuschen. Im Vergleich zu normalen Prozessen sparen wir etwa zwei Wochen ein. Bei Importware sind es bis zu vier Wochen.
DD: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit? Vollmer: Eine zentrale. Viele unserer Buchhandelskunden fragen nach dem CO₂-Fußabdruck. Libri hat sich der CO₂-Neutralität verschrieben – und dabei spielt Print-on-Demand eine entscheidnede Rolle. Vergleichen Sie nur einen US-Verlag, von dem wir eine Ausgabe per Flugzeug importieren, mit einem on demand vor Ort gedruckten Buch – der Unterschied im Fußabdruck ist enorm. Sie produzieren komplett bedarfsgesteuert, haben keine Überproduktion sowie nahezu keine Remission und Makulatur – und generieren trotzdem mehr Umsatz durch dauerhafte Verfügbarkeit.
Kaufmann: Wir setzen durchgängig FSC-Papiere ein, produzieren zu 100 Prozent mit Ökostrom und zum großen Teil mit unserer eigenen Photovoltaikanlage auf dem Dach in Bad Hersfeld – über zwei Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Die neuen Drucksysteme verbrauchen viel weniger Strom als die alten Tonermaschinen. Wir haben auch das Einschweißen von Hardcover-Büchern eingestellt – Tests zeigten keinen Einfluss auf Remittenden, und wir sparen massenhaft Plastikfolie.
Dazu kommt unsere neue Produktionssoftware, die an vielen Stellen hilft, Makulatur zu vermeiden: Abschnitte werden reduziert, Fehldrucke minimiert, gleichartige Produkte automatisch zu Losen zusammengefasst. Der Prozess läuft vollautomatisch und wenn ein Produkt nicht beim nächsten Produktionsschritt angekommen ist oder einen Fehler hat, wird der Nachdruck vollautomatisch oder per Barcode-Scan angestoßen.