Wie Langebartels & Jürgens sich mit Hilfe von Apenberg neu aufstellte

Aus der Krise heraus gestärkt in die Zukunft

Martin Lemcke, Geschäftsführer von ­Langebartels & Jürgens (l.), und Michael Apenberg, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Apenberg & Partner.
Martin Lemcke, Geschäftsführer von ­Langebartels & Jürgens (l.), und Michael Apenberg, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Apenberg & Partner. (Bild: Langebartels & Jürgens; Jan Northoff Photography)

Wie eine Traditionsdruckerei trotz hoher Eigenkapitaldecke in eine finanzielle Schieflage geraten ist, und durch schnelle und mutige Entscheidungen umgehend und in hohem Tempo neue und erfolgreiche Wege geht, das zeigt das Beispiel der Hamburger Druckerei Langebartels & Jürgens.

Anzeige

Seit mehr als 130 Jahren ist die Druckerei Langebartels & Jürgens mit Sitz im Herzen von Hamburg am Markt und beschäftigt heute mit den zum Unternehmen gehörenden Firmen Faltschachel Hamburg und Labann Display 65 Mitarbeiter, die einen Jahresumsatz von 16 Millionen Euro erwirtschaften. Damit zählt Langebartels & Jürgens zu den größten Druckereien in der Hansestadt. Die Druckerei wurde im Jahre 1893 gegründet und sie befindet sich seit 1928 im Familienbesitz. Aktuell steigt die fünfte Generation nach und nach in das Unternehmen ein.

„Wir sind stolz auf unser Familienunternehmen“, freut sich Martin Lemcke, der das Druck- und Medienunternehmen seit 1994 selbst in vierter Generation erfolgreich führt. Er hat den digitalen Wandel und alle damit verbundenen Transformationsprozesse erfolgreich umgesetzt. Der stetige Wandel begleitet das Geschäft und für den langfristigen Erfolg musste der Unternehmer schon oft schnelle und konsequente Entscheidungen treffen. Seine klare hanseatische Kaufmanns-Mentalität hat ihm dabei im Laufe der Jahre immer geholfen.

 

 

Das Firmengebäude von Langebartels & Jürgens in Hamburg.
Das Firmengebäude von Langebartels & Jürgens in Hamburg. (Bild: Langebartels & Jürgens)

Die Corona-Jahre gut gemeistert

„In den Jahren vor Corona war unser Geschäft absolut stabil“, erinnert sich Martin Lemcke, der schon im Jahr 2013 mit seinem innovativen Web-to-Print-Shop „Boxsys“ an den Start gegangen war und somit einen Transformationsprozess vom reinen Akzidenzdrucker hin zum Faltschachtel-Produzent vollzogen hat.
In den schwierigen Jahren rund um Corona hatte Martin Lemcke die Belegschaft komplett behalten und keine Coronahilfen in Anspruch genommen. „Mir war es damals wie heute sehr wichtig, dass ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Team halte“, betont Martin Lemcke. Doch auch wenn ein Unternehmer all seine Kraft aufbringt, um seine Geschäfte immer wieder an die aktuellen Marktgegebenheiten anzupassen, können all diese Anstrengungen mit einem Strich zunichte gemacht werden, wenn die Hausbank nicht mitspielt.

 

Hausbank kündigt Kreditlinie

Ohne Vorwarnung konfrontierte seine Hausbank Martin Lemcke genau mit dieser Situation. Die Geschäfte liefen nach einigen schweren Monaten wieder in die richtige Richtung, jedoch wies das operative Geschäft Verluste auf. Daher kündigte die Bank trotz hoher Eigenkapitaldecke die Kreditlinie für das Unternehmen. Martin Lemcke tat das einzig richtige: Er holte umgehend professionelle Hilfe für die Planung einer langfristigen Finanzierungssicherung für sein Unternehmen. Die auf die Druckindustrie spezialisierte Unternehmensberatung Apenberg + Partner, die ebenfalls in Hamburg ansässig ist, war sofort zur Stelle. Inhaber und Geschäftsführer Michael Apenberg hat kein Verständnis für die Entscheidung der Bank: „Dass eine Hausbank so eine schwerwiegende Entscheidung trifft, ist für uns völlig unverständlich. Irritierend ist auch, dass es kein gemeinsames Suchen nach Lösungen gab. Die Geschäftsstruktur von Langebartels & Jürgens besteht aus operativen Gesellschaften, in denen das Geld verdient wird, und aus einer KG, die Immobilien und Anlagen besitzt, die an die Gesellschaften vermietet werden. Das ist nach unserer Ansicht ein sehr schönes Modell, weil hier die operative von der Kapitalseite auseinanderdividiert ist. Unsere Analysen haben ergeben, dass die Gesellschaft mit einer hohen Eigenkapitalquote von 43 Prozent ausgestattet ist, das ist für eine Druckerei ein sehr ordentlicher Wert.“ Martin Lemcke ergänzt dazu: „Der Wert unserer Immobilien liegt heute etwa bei 25 Millionen Euro, unter anderem zählt auch das 2008 neu gebaute und 2014 erweiterte 7.450 Quadratmeter große moderne Firmengebäude unserer Druckerei am Standort in Stellingen dazu.“

 

Lösungsorientiert und zielstrebig an frisches Kapital

Die Zusammenarbeit zwischen Langebartels & Jürgens startete erst Anfang dieses Jahres und seither hat sich eine Menge getan. Da das Erzeugen von frischem Kapital durch das Auflösen von Immobilien ein zu langwieriger Prozess gewesen wäre, suchte man den Kontakt zur Elbe-Leasing GmbH in Dresden. Das Unternehmen hat sich auf maßgeschneiderte bankenunabhängige Finanzierungslösungen oder auch Mietkauf (Sale-and-lease-back) für mittelständische und kleine Unternehmen in der Druck- und Holzbranche spezialisiert. Der Geschäftsführer Thomas Grübner kennt die Druckindustrie gut und kann schnell einschätzen, wie werthaltig Anlagen und Maschinen sind, und auch wie das Potenzial eines Druckunternehmens einzuschätzen ist. Hier fand man schnell eine Lösung durch den Verkauf von Anlagen und Produktionsmaschinen, die bereits komplett bezahlt waren und noch einen hohen Wert hatten. So erhielt man schnell und unkompliziert frisches Kapital von rund einer Millionen Euro. „Damit war die Liquidität gesichert und wir konnten in Ruhe den Restrukturierungsprozess anstoßen, für den wir natürlich etwas Spielraum und vor allem Zeit benötigten“, erinnert sich Martin Lemcke. Das war im Januar. Das Tempo der Restrukturierung ist hoch und bereits heute – knapp sechs Monate nach den ersten Analysen – wurden bereits grundlegend die Weichen für die Zukunft neu gestellt.

 

Restrukturierung im Fluss

„Unser Ziel ist es das Geschäft wieder so profitabel zu machen, dass wir eine neue Hausbank finden, mit der wir langfristig und auf Basis einer soliden Geschäftsentwicklung zusammenarbeiten“, erklärt Martin Lemcke. Die ersten Schritte sind bereits gemacht und das Unternehmen befindet sich mitten im Transformationsprozess. Das Herz für die Gestaltung und Umsetzung von neuen Konzepten und Geschäftsstrategien bildet ein kleines und schnell handlungsfähiges Power-Team, eine Projektgruppe bestehend aus Michael Apenberg und einer Delegation aus seinem Berater-Team sowie aus Experten von Langebartels & Jürgens. „Wir sind hochmotiviert, die nächsten Ziele konzentriert und zielgerichtet zu erreichen und treiben die Prozesse schnell voran, so dass wir in kürzester Zeit Ergebnisse sehen werden“, betont Martin Lemcke. Michael Apenberg bestätigt: „Das Tempo, das Langebartels & Jürgens an den Tag legt, ist enorm. Das liegt sowohl an der Geschäftsleitung als auch am Team um Herrn Lemcke. Alle sind offen für Neues und arbeiten gut mit.“

 

Analyse und Standortbestimmung

Bevor Maßnahmen beschlossen und in die Wege geleitet werden konnten, waren umfassende Analysen notwendig. Hier haben die Berater aus dem Hause Apenberg + Partner zunächst sämtliche Prozesse genauestens geprüft. Das oberste Ziel lag darin, die Stärken des Unternehmens auszubauen und die Schwächen zu eliminieren. Zu den Stärken zählen vor allem die moderne Immobilie, die langjährige Betriebszugehörigkeit von Mitarbeitern, die hohe Eigenkapitaldecke und die stetigen Investitionen, die man kontinuierlich getätigt hat. Dadurch besitzt Langebartels & Jürgens alle Voraussetzungen für Wachstum. Die größte Schwäche war die Liquiditätslücke, die mit Sale-and-lease-back geschlossen werden konnte. Weiter wurde das Produktportfolio analysiert und Jobs identifiziert, die nicht profitabel waren. Zudem bestanden Abhängigkeiten von Kunden, die unprofitabel sind. Hier kam man schnell zu dem Ergebnis, dass es hier eine Neuausrichtung des Produktportfolios geben muss an ein Marktumfeld, das zu Langebartels & Jürgens gut passt. Analysiert wurden auch der Vertrieb, die Organisation und das Personal sowie die Markt- und Wettbewerbssituation.

 

Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mitnehmen

Der Erhalt seiner Mannschaft ist Martin Lemcke sehr wichtig und er erklärt: „Wir werden das gesamte Personal mitnehmen und diese Krise gemeinsam bewältigen. Die Schwierigkeit, die auch das Liquiditätsproblem verursacht hat, lag ganz einfach darin, dass es einen Nachfrageeinbruch im Markt gegeben hat, von dem auch die gesamte Branche betroffen ist. Die Nachfrage nach Drucksachen ist erheblich zurückgegangen, was natürlich auch wir gespürt haben. In dem gemeinsam mit dem Team von Apenberg + Partner ausgearbeiteten Maßnahmen werden wir unsere Kostenstrukturen dahingehend nutzen, dass wir die Prozesse verschlanken und effizienter machen und am Ende die Wertschöpfung pro Kopf erhöhen.“ Das Know-how seines Teams ist wichtig für die Kernkompetenz, die weiter ausgebaut werden soll. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen geschlossen hinter den strategischen Umstrukturierungsmaßnahmen und begrüßen die positive Einschätzung, die das externe Beratungsunternehmen zum Unternehmen abgegeben hat. „Es steckt viel Potenzial in dem Unternehmen“, weiß Michael Apenberg, „das liegt unter anderem auch an der erstklassigen und empathischen Führungsarbeit von Martin Lemcke, was insbesondere in Krisenzeiten zum Vorschein kommt und sich positiv auf das ganze Unternehmen auswirkt.“ Beim Thema Personal ist man aktuell dabei, neue Mitarbeiter zu rekrutieren, um die Digitalisierung von Vertrieb und Produktion voranzutreiben.

 

Neues strategisches Leitbild

„Wir haben aus den Erkenntnissen der Analysedaten neue Ziele formuliert und einen entsprechenden Businessplan und eine Strategie entwickelt und darin unsere Ausrichtung für die nächsten Jahre festgelegt“, beschreibt Martin Lemcke die aktuellen Schritte. Dieses Leitbild und diese Ziele sollen mit den Ressourcen des Unternehmens schrittweise nach und nach umgesetzt werden. Man plant zudem, einige Dinge zu vereinfachen, und drei operative Gesellschaften sollen rückwirkend zum 1. Januar 2024 zu einer Gesellschaft verschmolzen werden. Damit hat man komplizierte Prozesse zwischen den Gesellschaften klarer und transparenter gestaltet. Das spart Zeit und Kosten.

Zudem wurde die Kalkulation komplett überarbeitet und ein neuer Betriebsabrechnungsbogen entwickelt, der die tatsächlichen Kosten der einzelnen Kostenstellen neu berücksichtigt. Auch die integrierte Finanzplanung wurde fertiggestellt, mit der nun ein monatlicher Soll-Ist-Vergleich über alle Bereiche möglich ist. Es wurde ein Lenkungsausschuss etabliert, der aus Martin Lemcke, Leon Lemcke, Dr. Johannes Warther und Michael Apenberg besteht und Projektgruppen für einzelne Bereiche, die ihre Themen weiter vorantreiben.

Das Team um Martin Lemcke hat in den Monaten seit Januar bereits enorme Prozesse vollzogen. Dies funktioniert nur dann, „wenn man weiß, wo man strategisch hinwill und klare Vorstellungen davon hat, welche Märkte man adressiert und welche Stärken man hat, um diese zu gewinnen“, erklärt der Geschäftsführer, der mit den ersten Erfolgen zufrieden ist und das Tempo beibehalten will: „Das ist auch für unsere Mitarbeiter von enormer Bedeutung, weil sie auch sehen, dass sie es selbst in der Hand haben, ob wir erfolgreich sind oder nicht.“

 

Vollgas bei der Digitalisierung

Die Projektgruppen bei Langebartels & Jürgens haben lange To-Do-Listen. So wird zum Beispiel das Marketing eine neue Website entwickeln, auf der alle Produkte und Dienstleistungen zu erkennen sind. Die Darstellung soll alle relevanten Themen, vor allem im Bereich der Faltschachtel- und Verpackungs­herstellung und dem Einsatz von Recyclingpapier hervorheben. Beim Vertrieb geht Langebartels & Jürgens neue Wege: Der Vertrieb wird ganz neu aufgebaut. Frischer und moderner Vertriebsnachwuchs wird den Bereich „Digital Sales“ aufbauen. Hier wird es eine kampagnengetriebene digitale Vertriebsstruktur geben, die europaweit Kunden ansprechen wird. Vor allem das umfassende und einzigartige Know-how bei der Faltschachtelproduktion steht hierbei im Fokus. Der Web-to-Print-Shop www.boxsys.de ist seit 2013 online, und hier sind außergewöhnliche Faltschachteln, Verpackungen und POS-Aufsteller zu finden – eine Vielfalt, wie sie kaum ein anderes Unternehmen anbietet. Die Entwicklungen kommen aus dem eigenen Haus und die Faltschachtelspezialisten finden immer neue und raffinierte Lösungen und Ideen für Verpackungen.

 

Die Faltschachtel-Kapazität des Unternehmens soll weiter ausgebaut werden.
Die Faltschachtel-Kapazität des Unternehmens soll weiter ausgebaut werden.

 

Umwelt-Zertifikate

Langebartels & Jürgens unterhält mit seinem Umweltpapier-Archiv die umfangreichste ­Datenbank über Recyclingpapier und ist auf dessen Druck spezialisiert. Interessenten können sich per Mausklick einen Proofdruck auf das ausgewählte Recyclingpapier zusenden lassen. Das Unternehmen ist seit vielen Jahren in allen Bereichen auf die ressourcenschonende und umweltfreundliche Produktion eingestellt. Eine Photovoltaik-Anlage ­produziert 96,6 kWp Strom, und das Unternehmen besitzt eine durchgängig umweltfreundliche Gebäude-Ökonomie. Langebartels & Jürgens besitzt alle Umweltzertifikate, die in der Branche wichtig sind – von FSC und PEFC und dem Blauen Engel bis hin zur ISO 9001. Zurzeit arbeitet das Umweltteam an der EMAS-Zertifizierung, der ISO 14001 und dem EU-Ecolabel.

 

Positiv ins zweite Halbjahr

Die Söhne Julius und Leon Lemcke (v. l.) sind ebenfalls ­bereits mit an Bord.
Die Söhne Julius und Leon Lemcke (v. l.) sind ebenfalls ­bereits mit an Bord.

Die neue Website, der digitale Vertriebskanal sowie der Ausbau der Faltschachtel-Kapazität sind die Aufgaben, die das Team von Langebartels & Jürgens in der zweiten Jahreshälfte begleiten werden. Die enge Zusammenarbeit des Lenkungsausschusses mit den neu ins Leben gerufenen Projektgruppen unterstützt die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei den anstehenden Aufgaben. Auch die Nachfolge der Geschäftsführung wird parallel dazu in die Wege geleitet. Martin Lemcke ist froh, dass seine Kinder Interesse und Freude daran haben, die Zukunft des Familienbetriebes mitzugestalten. Für die kaufmännische Steuerung zuständig ist heute bereits Leon Lemcke, Ingenieur für Druck- und Medientechnik. Für die Produktion verantwortlich ist der gelernte Offsetdrucker Julius Lemcke. Damit ist dann die fünfte Generation am Ruder. Das Boot ist auf Kurs gebracht und mit vereinten Kräften fährt es in eine sichere Zukunft.