Briefkastenwerbung: Frankreich bleibt beim Opt-out-Verfahren
von Redaktion,
Das PDF für diesen Stop-Pub-Aufkleber kann man in Frankreich auf der Website des Umweltministeriums downloaden. (Bild: Ministère de la Transition écologique et de la Cohésion des territoires, Frankreich)
Nach drei Jahren intensiver Erprobung hat Frankreich seine Pilotphase des Projekts „Oui Pub“ offiziell abgeschlossen. Ziel der Initiative war es, die Zustellung unadressierter Werbung an Haushalte nur dann zuzulassen, wenn diese aktiv durch einen „Oui Pub“-Aufkleber (dt.: Ja Werbung) zustimmten. Damit verfolgte das französische Umweltministerium (Ministère de la Transition écologique et de la Cohésion des territoires) primär das Ziel, den Papierabfall zu reduzieren. Das Ergebnis: Zu einer dauerhaften landesweiten Einführung von „Oui Pub“ wird es nicht kommen.
Die Testphase, die vom französischen Parlament 2021 beschlossen wurde, begann mit einer Informationskampagne im Mai 2022 und lief von September 2022 bis Ende April 2025. Insgesamt beteiligten sich 14 Städte und Kommunalverbände, darunter Bordeaux, Grenoble und Nancy. Die dortigen Haushalte wurden von den Kommunen aufgefordert, ihr Einverständnis zur Zustellung von Werbung sichtbar am Briefkasten zu dokumentieren – ein vollständiges Umdenken im Vergleich zum bisherigen „Stop Pub“-Ansatz (dt.: Keine Werbung), bei dem Briefkastenwerbung, wie es auch in Deutschland üblich ist, nur auf ausdrücklichen Wunsch der Haushalte nicht zugestellt wird.
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Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Reduktion der Briefkastenwerbung: Im Durchschnitt gingen die Papiermengen in den Testregionen um 48 % zurück, in einigen Kommunen sogar um bis zu 70 %. Das Umweltziel – weniger Papierabfall und CO₂-Emissionen – wurde dem Bericht des Umweltministeriums zufolge somit erreicht. Allerdings wurde, und das ist eine methodische Schwäche der Testphase sowie der Analyse, darauf verzichtet, eine quantitative Gegenüberstellung der CO₂-Emissionen von gedruckter Werbung und digitaler Werbung durchzuführen. Im Bericht heißt es ausdrücklich, dass der ökologische Fußabdruck der Digitalisierung im Rahmen der Oui-Pub-Auswertung nicht umfassend analysiert wurde.
Die Begleitforschung stellte in der Testphase Folgendes fest: Nur etwa 19 % der Haushalte brachten tatsächlich einen „Oui Pub“-Aufkleber an. Viele Verbraucher sahen keine Notwendigkeit, aktiv für Werbung zu optieren. Offensichtlich war die Informationslage bzw. das Interesse an dem Test oft unzureichend – nur rund die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger in den Testgebieten fühlte sich umfassend über das Projekt informiert.
Folgen für die Wirtschaft
Für Druckereien, Verteiler und Werbetreibende hatte der Test teils gravierende Folgen. Die Druckindustrie verzeichnete Umsatzrückgänge, insbesondere bei Werbeprospekten und Katalogen. Zahlreiche Druckunternehmen mussten ihre Geschäftsmodelle anpassen. Nationale Einzelhändler, aber auch lokale Akteure, reduzierten ihre gedruckte Werbung spürbar oder stellten sie ganz ein. Vor allem die größeren Konzerne nutzten die Einführung von „Oui Pub“, um ihre Kommunikationsstrategien verstärkt auf digitale Kanäle zu verlagern. Frankreichs größter Einzelhändler Carrefour verzichtet im Heimmarkt Frankreich seit dem 1. April 2025 auf jegliche Briefkastenwerbung. Auch Agenturen verlagerten ihre Budgets zunehmend auf Online-Kampagnen.
Anders sieht es bei den kleineren werbetreibenden Unternehmen aus. So hält der Bericht des französischen Umweltministeriums fest: „Gedruckte Werbung bleibt ein wichtiges Mittel, um die Geschäftstätigkeit kleiner lokaler Unternehmen in peri-urbanen oder ländlichen Gebieten zu fördern.“ Zur Erinnerung: Aus genau diesem Grund hatte sich bereits Dänemark im Jahr 2023 gegen die Einführung des Opt-in-Verfahrens ausgesprochen. Der dänische Minister für Wirtschaftsförderung und Betriebe erklärte damals: „Die ‚Keine Werbung‘-Regelung gibt kleineren Handelsunternehmen die Möglichkeit, sichtbar zu bleiben und das lokale Umfeld über Angebote zu informieren. Wir müssen die besten Rahmenbedingungen für den Handel im Land schaffen. Deshalb halten wir an der ‚Keine Werbung‘-Regelung fest.“
Nach der Testphase in Frankreich entschied sich nun auch das dortige Umweltministerium nach Abwägung aller Aspekte gegen eine landesweite Einführung von „Oui Pub“. Stattdessen bleibt das bisherige „Stop Pub“-System, also das Opt-out-Verfahren mit optionalen „Keine Werbung“-Aufklebern, bestehen. Das Ministerium hat in einem Schreiben an die beteiligten Pilotkommunen klargestellt, dass ab dem 1. Mai 2025 wieder das in ganz Frankreich geltende „Stop Pub“-System anzuwenden ist.
In Europa ist das Opt-in-Verfahren für unadressierte Briefkastenwerbung somit nur in bestimmten Regionen der Niederlande verbindlich eingeführt.In den anderen Ländern existiert weiterhin das Opt-out-System. Insgesamt zeigt der französische Test, wie stark sich solche politische Steuerungsmaßnahmen auf die Printwerbung auswirken können und wie wichtig deshalb die Lobbyarbeit von Verbänden wie dem BVDM ist.