Verpackungsdruckverfahren mit zum Teil ungeahnten Potentialen

Bogentiefdruck: Flexibel und Print-4.0-fähig

Die 1950 gegründete H.C. Moog GmbH aus Rüdesheim baut multifunktionale Bogentiefdruckmaschinen und kundenspezifische Sondermaschinen (Bild: H.C. Moog GmbH)

Der Name „Moog“ steht nicht nur für den klassischen musikalischen Synthesizer. Auch Bogentiefdruckmaschinen und kundenspezifische Sondermaschinen tragen diesen Namen. Denn die 1950 gegründete H.C. Moog GmbH aus Rüdesheim baut genau solche drucktechnischen „Instrumente“. Inhaber Achim Kurreck leitet das Unternehmen mit 15 Beschäftigten in dritter Generation. In einem mit dem VDMA Druck- und Papiertechnik geführten Interview erklärt er, warum der Bogentiefdruck zu aktuellen Verpackungstrends passt, dabei oft mit seiner Flexibilität überrascht – und sogar zu mehr Fälschungssicherheit beiträgt. Hier Auszüge aus dem Interview:

Herr Kurreck, warum setzt Moog so klar auf den Bogentiefdruck?
Kurreck: Weil er bei einfachster Bedienbarkeit höchste Druckqualitäten bietet. Da es sich um ein Direktdruckverfahren handelt, bleiben die Farben über die gesamte Auflage gleich. Makulatur fällt kaum an. Sobald die Farben oder Lacke eingefüllt, das Rakel angestellt und der Zylinder oder die Druckplatte eingesetzt sind, kann es losgehen. Allerdings haben wir auch Flexodruckwerke im Programm. Und in unsere neue Compact-Maschine können wir auch Sieb- und Digitaldruckmodule integrieren. Unsere Kunden haben zudem die Auswahl zwischen Infrarot-, UV- und Heißlufttrocknung, was die Farb- und Lackauswahl erhöht.

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Was sind die Anwendungsschwerpunkte?
Kurreck: Hochwertiger Verpackungs- und Etikettendruck. Unsere Maschinen ermöglichen die Umsetzung edler Designs, die am Point-of-Sale auffallen: ob optisch oder mit haptischen und olfaktorischen Aha-Effekten. Im Bogentiefdruck erreichen wir zudem Auflösungen bis 10.160 dpi. Das genügt, um im Druckprozess fälschungssichere „Hidden Images“ und Mikro-Prägungen einzubringen. Hinzu kommt die Farb- und Lackvielfalt, u.a. für Glanz-, Perlglanz-, Matt- oder Haptik-Effekte sowie echte Metallpigmentfarben. Mit Vacuum Metallized Pigments (VMP) sind Qualitäten machbar, wie metallisiertes Papier und Karton. Mit dem Unterschied, dass das Recycling von Tiefdruckprodukten unkritisch ist. Anders als in der Rollenrotation, lassen sich zudem dicke, unflexible Kartonagen und Substrate bedrucken. Mittlerweile sind unsere Maschinen oft in Prozessketten integriert. So werden Zigarettenverpackungen erst im Offsetdruck mit Warnbildern versehen und dann im Bogentiefdruck veredelt.

Gibt es auch lebensmittelechte Farben?
Kurreck: Ja. Farbenhersteller bieten dafür eine große Auswahl. Lebensmittelverpackungen können problemlos innen und außen bedruckt werden. Frühere Vorbehalte gingen auf einen „Weichmacher-Skandal“ zurück: Dabei waren die Grenzwerte seinerzeit weit unterschritten.

Kommt Ihnen der Trend zu sinkenden Auflagen entgegen?
Kurreck: Ja. Der Bogentiefdruck hat seine Stärken, wo hohe Druckqualität, Veredelung und Individualisierung gefragt ist. Unsere Maschinen kommen bei Auflagen zwischen 4.000 bis 750.000 Bogen zum Einsatz. Ein neueres Feature ist die Verarbeitung von Duftfarben mit Parfümanteilen in Mikrokapseln, die wegen der sanften Farbübertragung im Tiefdruckprozess intakt bleiben. Weitere Trends, die uns entgegenkommen sind Blindprägungen, hochqualitative Perlglanzeffekte und Dünnschichtapplikationen.

Was sagen Sie zum Vorwurf, der Bogentiefdruck sei zu unflexibel?
Kurreck: Der ist überholt. Neben der Farb- und Lackvielfalt gibt es große Fortschritte bei den Druckplatten. Die Herstellung konventioneller Tiefdruckzylinder kostet heute weit unter 1.000 Euro und dauert nicht Monate, sondern wenige Tage. Klassische Zylinder sind meist bei wiederholten Auflagen im Einsatz. Für Einmalaufträge und Kleinauflagen gibt es günstige Alternativen. Etwa laserbelichtete Photopolymerplatten, die binnen Stunden verfügbar sind.

Was verbirgt sich hinter Ihren multifunktionalen „All-in-One“-Maschinen?
Kurreck: Wir bieten unsere Multifunktionsmaschine TBR-Compact mit verschiedenen Druck-, Präge- und Trocknungsmodulen an. Kunden können in eine Basisausführung investieren und sie bei Bedarf durch Zusatzmodule aufrüsten, automatisieren und flexibilisieren. So können sie verschiedenste Farben, darunter hochviskose UV-Farben und funktionale Tinten drucken. Auch haben wir Spezialwannen entwickelt, die Verluste bei kostspieligen Farben minimieren.

Wo sehen Sie Potential für die Weiterentwicklung Ihrer Maschinen und Prozesse?
Kurreck: Schwerpunkt ist die Verarbeitung von UV-Lacken, Wasserfarben und funktionalen Beschichtungen. Auch mit gedruckter Elektronik befassen wir uns im stillen Kämmerlein, da der Tiefdruck beim Einsatz funktionaler Tinten und Substrate gleichbleibende Qualität liefert. Spannend ist auch die Kombination mit dem Digitaldruck. Es ist sehr reizvoll, unsere Anlagen um die Individualisierungsmöglichkeiten digitaler Verfahren zu erweitern.

Ist auch die Einbindung in hochautomatisierte Print-4.0-Prozessketten ein Thema?
Kurreck: Sicher! Unsere Maschinen sind im Sinne automatisierter Druckprozesse vernetzt. Wenn Bogen bedruckt werden, ehe sie zur Veredelung in unsere Anlagen kommen, kann die Übergabe ebenso automatisiert erfolgen wie die Weitergabe zur Druckweiterverarbeitung. Unsere Maschinen arbeiten mit Nonstop-Anleger und -Auslegern, erfassen Druckgeschwindigkeit und Produktionsparameter und übermitteln diese automatisch ans Leitsystem. Die Software entwickeln wir teils inhouse, teils mit Partnern, darunter Siemens und ein Robotikspezialist.

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